Einige umweltrechtliche Fälle begleiten die geneigten Beobachtenden seit mehreren Jahren. Sei das das Wasserkraftwerk Schwarze Sulm, sei es der Flughafenausbau Wien Dritte Piste, oder aber das hier gegenständliche Projekt der 380kV Salzburgleitung. Der VwGH zog nunmehr, nachdem der VfGH eine Behandlung bereits zuvor abgelehnt hatte, vorerst einen Schlussstrich unter die Genehmigungsverfahren.
Fehlende SUP des Netzentwicklungsplans nur theoretisch relevant
Eines der Hauptthemen der Leitung war sicherlich die Frage, inwiefern der Netzentwicklungsplan SUP-pflichtig wäre und – so diese Pflicht anzunehmen wäre – eine fehlende SUP Auswirkungen auf die gegenständliche Genehmigung hätte. In diesem Plan, der gem § 37 ElWOG die Grundlage für die Entwicklung der Netzinfrastruktur darstellt, wird unter anderem das Projekt Salzburgleitung gelistet. Während der VwGH das BVwG in der Annahme bestätigt, dass für das Projekt Salzburgleitung ansich keine SUP durchzuführen war, widerspricht er mit Verweis auf die EuGH Judikatur (25.6.2020, C-24/19) dem Bundesverwaltungsgericht dahingehend, dass eine unterlassene SUP für einen SUP-pflichtigen Plan, der die Basis eines UVP-Projekts darstellt, natürlich auch Auswirkungen auf die Gültigkeit einer Genehmigung nach der UVP-RL haben kann. Während somit die Frage der SUP-Pflicht des NEP durchaus relevant für eine UVP-Genehmigung sein kann, umgeht der VwGH jedoch dieses Thema damit, dass er eine Bindung an den NEP im UVP-Verfahren verneint und das aus dem NEP abgeleitete überwiegende öffentliche Interesse vielmehr aus der Liste der Projekte von gemeinsamen Interesse der Europäischen Union (PCI) ableitet. Da damit der NEP nicht direkt zur Anwendung kommt, bzw. die Bewertung für das Ergebnis der UVP unerheblich ist, verzichtet der VwGH auf die Beantwortung der Frage über die SUP-Pflicht ebenso, wie auf die Vorlage dieser Frage an den EuGH. Die Bedeutung der SUP für die österreichische Rechtslage wird dadurch jedenfalls nicht gestärkt und die erhoffte Klärung bleibt vorerst aus.
Erdkabel? Kein Erdkabel
Ebenfalls keine endgültige Klärung erfährt das Thema Erdkabel. Ob dieses dem Stand der Technik entspricht, beantwortet der VwGH nur indirekt, indem er die Ergebnisse des BVwG als ausreichend gutachterlich gestützt bestätigt. Für das gegenständliche Verfahren kommt die unterirdische Verkabelung somit nicht zum Tragen. Ob das damit höchstgerichtlich festgeschrieben ist, darüber darf jedoch weiter gestritten werden.
Hinsichtlich der forstrechtlichen Aspekte des Verfahrens, konkret der Differenzierung zwischen Rodungen und Trassenaufhieben in der Prüfung nach dem EuGH im Fall C-329/17 verweist der VwGH darauf, dass diese Rsp vor allen auf die Frage der UVP-Pflicht generell, nicht aber nach der schematischen inhaltlichen Prüfung richtet. Eine unterschiedliche Behandlung wird daher vom VwGH nicht als problematisch betrachtet, da der UVP Pflicht ansich nachgekommen wird.
Vogelschutz mit Blick auf die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos
Die Frage des Eingriffs ins Tötungsverbot nach dem Unionsrecht betrachtet der VwGH im Hinblick auf das in Kauf nehmen der Tötung iSd Art 5 der Vogelschutzrichtlinie. Konkret führt er dazu aus, dass davon ausgegangen werden kann, dass das Konzept der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Verhältnis zum allgemeinen Naturgeschehen dazu geeignet ist (Vgl Rn 502, sowie dBVerwG 27.11.2018, 9A8.17, Rn 97ff). Der VwGH begründet das auch durch ein Gegenüberstellen der Schutzsysteme aus FFH- und Vogelschutz-RL, indem der strengere Schutzgebietsansatz jedem des Artenschutzes gegenübergestellt wird. Nachdem letzterer eine höhere Schwelle zugerechnet werden muss und ein „faktisches Vogelschutzgebiet“ im Projektgebiet nicht nachgewiesen werden konnte, stellt der Gerichtshof keinen Verstoß gegen die Richtlinien fest.