Diese Woche ist eine weitere Entscheidung eines österreichischen Höchstgerichtes zur Aarhus-Konvention ergangen (VfGH 14. Dezember 2016, V 87/2014-11). Während der VwGH zuletzt geneigt war, die Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Öffentlichkeit zu erweitern, hat der VfGH in der nun vorliegenden Entscheidung eine restriktive Haltung eingenommen. Dem Versuch einer anerkannten Umweltorganisation, die Änderung eines Flächenwidmungsplanes in einem Natura 2000-Gebiet mittels Antrag auf Verordnungsprüfung nach Art 139 B-VG zu bekämpfen, war kein Erfolg beschieden.
Im Jahr 2014 änderte eine burgenländische Gemeinde den Flächenwidmungsplan betreffend ein ausgewiesenes Natura 2000-Gebiet derart, dass eine Umwidmung von Grünland in Bauland-Aufschließungsfläche sowie Verkehrsfläche erfolgte. Eine anerkannte Umweltorganisation brachte bereits im Umwidmungsverfahren eine Stellungnahme dagegen ein. Dennoch wurde die Umwidmung beschlossen und von der Landesregierung genehmigt.
Der neue Flächenwidmungsplan wurde daraufhin von der Umweltorganisation gem Art 139 B-VG vor dem VfGH bekämpft. Sie brachte vor, dass Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention so ausgelegt werden müsse, dass die nützliche Wirkung (“effet utile”) des europäischen Umweltrechts gewährleistet sei. Daraus folge, dass Mitgliedstaaten, die auch Vertragsparteien der Aarhus-Konvention sind, ihren Verpflichtungen aus Art 9 Abs 3 leg cit und dem Prinzip der nützlichen Wirkung des europäischen Umweltrechts erst dann nachkommen würden, wenn sie “Mitgliedern der Öffentlichkeit”, zu welchen auch die Antragstellerin zählt, Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren gewährten. Auch der EuGH habe in seiner Entscheidung vom 8.3.2011, Rs. C-240/09, Lesoochranárske zoskupenie VLK, zwar die unmittelbare Anwendung des Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention verneint, dabei jedoch festgehalten, dass das nationale Recht so weit wie möglich im Einklang mit den Zielen des Art 9 Abs 3 leg cit auszulegen sei. Zur unmittelbaren Betroffenheit führt die Antragstellerin aus, dass ein Eingriff in ihre rechtlich geschützten Interessen bereits deshalb vorliege, weil die angefochtene Verordnung umweltbezogenen Vorschriften widerspreche und aufgrund ihrer Kundmachung Rechtsgültigkeit erlangt habe. Dabei sei es ausreichend, wenn im Zuge der Erlassung der angefochtenen Norm zwingende Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden seien und die angefochtene Norm als solche dem geltenden Recht, insbesondere dem Unionsrecht, widerspreche.
Diesen – im Wesentlichen auf die Dissertation von Terese Weber gestützten – Ausführungen ist der VfGH nicht gefolgt. Der Gerichtshof hielt zwar fest, dass es sich bei der antragstellenden Partei zweifellos um ein Mitglied der Öffentlichkeit im Sinne des Art 2 Z 4 Aarhus-Konvention handle. Der Umstand, dass die Antragstellerin auch den Begriff der “betroffenen Öffentlichkeit” im Sinne des Art 2 Z 5 Aarhus-Konvention erfülle, begründe aber noch nicht ihre Parteistellung im Sinne des Art 9 Abs 3, der spezifische innerstaatliche Kriterien erfordere.
Die Zuständigkeit des VfGH werde durch Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG festgelegt. Eine Antragslegitimation von Mitgliedern der Öffentlichkeit im Sinne des Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention, Verordnungen vor dem VfGH zu bekämpfen, könne daher nur durch eine Verfassungsbestimmung begründet werden, eine solche existiere nicht. Die bestehenden Vorschriften des Art 139 B-VG ließen sich auch im Lichte des Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention nicht in der Weise auslegen, dass Umweltschutzorganisationen, die nicht in subjektiven Rechten unmittelbar betroffen sind, umweltrelevante Vorschriften im Verordnungsrang bekämpfen können; dies unabhängig davon, ob sie unter das Umweltrecht der Europäischen Union fallen oder im von den Mitgliedstaaten selbständig umzusetzenden Bereich der Verpflichtungen der erwähnten europäischen Verträge zum Schutz der Umwelt liegen. Daher wurde der Antrag vom VfGH mit Beschluss zurückgewiesen.