Im Rahmen zweier Vorabentscheidungsverfahren setzte sich der EuGH in den vergangenen Monaten mit der Auslegung verschiedener Aspekte der Umwelthaftungsrichtlinie 2004/35/EG auseinander. Die dabei getroffenen Feststellungen sollen nachstehend kurz erläutert werden.
Haftung von GrundstückseigentümerInnen
Der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Túrkevei Tejtermelő Kft. (EuGH 13.07.2017, C‑129/16) lag ein ungarischer Sachverhalt zugrunde, in welchem dem Eigentümer eines Grundstückes eine Geldbuße auferlegt wurde, weil auf seinem verpachteten Grundstück entgegen der rechtlichen Bestimmungen Abfälle verbrannt wurden. Im Zuge des daraufhin durchgeführten Verfahrens legte das zuständige Verwaltungsgericht dem EuGH mehrere Fragen zur Auslegung der Umwelthaftungsrichtlinie vor. In Beantwortung dieser Fragen führte der Gerichtshof aus, dass das Unionsrecht nationalen Regelungen, die eine gesamtschuldnerische Haftung des Eigentümers/der Eigentümerin neben den BetreiberInnen eines Grundstückes vorsehen, nicht entgegensteht. Dabei muss kein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Eigentümers/der Eigentümerin und dem festgestellten Schaden nachgewiesen werden. Auch das Verhängen einer Geldbuße ist mit den europarechtlichen Vorgaben vereinbar.
Behördliche Bewilligung für Anlage schließt Haftung für Umweltschäden nicht aus
Ausgangspunkt für das Verfahren in der Rechtssache Folk (EuGH 01.06.2017, C-529/15) war eine Wasserkraftanlage an der Mürz, welche im Jahr 1998 genehmigt und 2002 in Betrieb genommen wurde. Die Beschwerde des Fischereiberechtigten Gert Folk – er brachte vor, dass aufgrund erheblicher, durch die Anlage ausgelöster Pegelschwankungen Kleinfische und juvenile Fische grob beeinträchtigt würden – wurde von der damals zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde und in weiterer Folge vom UVS Steiermark abgewiesen. Begründend führte der UVS aus, dass für die Anlage eine wasserrechtliche Bewilligung vorläge, welche einen Umweltschaden gemäß § 4 Z 1 lit a B-UHG decke. Im Rahmen des weiteren Beschwerdeverfahrens vor dem VwGH legte dieser dem EuGH schließlich mehrere Fragen vor. Der Gerichtshof beantwortete diese wie folgt:
Die Umwelthaftungsrichtlinie 2004/35/EG ist so auszulegen,
„dass sie zeitlich auf Umweltschäden Anwendung findet, die nach dem 30. April 2007 aufgetreten sind, aber aus dem Betrieb einer vor diesem Datum wasserrechtlich bewilligten und in Betrieb genommenen Anlage herrühren.“
„dass sie einer nationalen Rechtsvorschrift entgegensteht, nach der ein Schaden, der erhebliche nachteilige Auswirkungen auf den ökologischen, chemischen oder mengenmäßigen Zustand oder das ökologische Potenzial der betreffenden Gewässer hat, allein deshalb generell und ohne Weiteres vom Begriff des „Umweltschadens“ ausgenommen ist, weil er durch eine Bewilligung in Anwendung des nationalen Rechts gedeckt ist.“
„dass sie einer nationalen Rechtsvorschrift wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen (Anm: gemeint sind hier Art 12 und 13 der RL), die es Fischereiberechtigten verwehrt, ein Prüfungsverfahren in Bezug auf einen Umweltschaden im Sinne von Art. 2 Nr. 1 Buchst. b dieser Richtlinie durchführen zu lassen.“
Außerdem stellte der Gerichtshof klar, dass nationale Gerichte bei der Feststellung eines Umweltschadens nicht selbst prüfen müssen, ob die Kriterien der Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG erfüllt sind.